Nampula
- Mosambik
Viele
Kinder entführt und getötet!
Organhandel? Blutige Zauberrituale? Kinderprostitution?
Es
war Mitte Februar 2004, als sich die Servitinnenschwestern des Klausurklosters
"Mater Dei" in Nampula (Mosambik) mit der eindringlichen
Bitte an das Generalsekretariat des Servitenordens für Gerechtigkeit
und Frieden (Rom) gewandt haben, ihren Einsatz zu unterstützen
und mitzutragen, Verbrechen gegen Kinder aufzuklären und zu verhindern.
Verstümmelte
Leichen werden gefunden
Wiederholt
wurden in der näheren Umgebung des Klosters Leichen gefunden,
darunter auch viele Kinderleichen, die zerschnitten waren und denen
Organe entnommen worden sind. Oft bleiben die Leichen dort liegen,
wo die Menschen umgebracht worden sind, und verwesen. Werden sie gefunden,
begräbt man sie, ohne dass diese grauslichen Funde bei der Polizei
angezeigt werden, denn die Person, die einen Leichenfund meldet, wird
für verdächtig gehalten und oft tagelang verhört und
psychischem Druck ausgesetzt.
Die Schwestern machten diese Vorfälle publik und äußerten
den dringlichen Verdacht, die Toten könnten zu Zwecken des illegalen
Organhandels oder im Rahmen von blutigen Zauber-Ritualen ermordet
worden sein.
Eine
Vielzahl von entführten Kindern
Im
Anschluss an die Anzeige der Schwestern, die großes Aufsehen
erregte, meldeten sich bei ihnen viele besorgte Eltern, deren Kinder
abgängig sind.
Viele dieser Kinder wurden nachweislich entführt. Ihre Zahl kann
nur geschätzt werden, da es sich vielfach um Straßenkinder
ohne zu Hause handelt, die niemandem abgehen. Von Hilfsorganisationen
wird aber angenommen, dass in den vergangenen drei Jahren, verstärkt
aber in den letzten Monaten über 300 Kinder vom Säuglingsalter
bis zum Alter von 16 Jahren verschwunden sind. So berichtet etwa Moises,
ein evangelischer Pastor, der im letzten Jahr bis zu 150 Straßenkinder
begleitet hat und ihnen Kleidung, Nahrung, Schulmaterialien usw. besorgt
hat, dass sich seit vergangenen Jänner nur mehr 9 Kinder wieder
bei ihm eingefunden haben.
Einigen Kindern ist es gelungen, ihren Entführer zu entkommen.
Etwa dem 13-jährigen Marcelino. Er erzählt, wie ihn zwei
Fremde gebeten haben, ihnen einen Weg zu zeigen. Arglos stieg er mit
ins Auto. Als der Fahrer seinen Angaben jedoch nicht folgte, begann
er zu schreien und zu weinen und bat, man solle ihn aussteigen lassen.
Fernab von der Stadt wurde er gefesselt zwei weißen Männern
übergeben, die dort gewartet haben. Diese "Übergabe"
wurde von Zeugen beobachtet, die dem Wagen folgten, bis dieser vor
einem entlegenen Haus stehen blieb. Marcelino wurde ins Haus gebracht,
die Tür verriegelt, und die beiden Männer verschwanden wieder.
Die Zeugen rannten die Tür ein und konnten Marcelino, noch einen
Jungen und zwei Mädchen befreien. Noch weitere Kinder, die in
den meisten Fällen in abgelegenen Häusern in kleinen Gruppen
gefangengehalten wurden, konnten entkommen bzw. dank glücklicher
Umstände befreit werden.
Die
Reaktion der Behörden
Ebenso
besorgniserregend wie aufschlussreich war und bleibt die Reaktion
der Behörden. Sie weigern sich, die Vorfälle systematisch
zu untersuchen. Eltern werden eingeschüchtert, Augenzeugenberichte
als "Lügenmärchen" abgetan. Ein von der Staatsanwaltschaft
beauftragtes Untersuchungsteam kam nach Nampula, um einige Leichen
auszugraben und kriminalmedizinisch zu untersuchen. Diese Untersuchungen
beschränkten sich aber darauf, dass die bereits verwesten Leichen
fotografiert und wieder eingegraben wurden. Am 23. Februar d.J. erfolgte
dann das offizielle und ernüchternde Untersuchungsergebnis: "An
den untersuchten Leichen können keine Spuren von Gewaltanwendung
festgestellt werden, die auf ein Verbrechen hindeuten." Zwar
wurden mögliche Unregelmäßigkeiten eingeräumt,
diese jedoch auf die gängige Schlamperei und Korruption der Behörden
beim Ausstellen von Totenscheinen zurückgeführt.
Gleichzeitig begannen in den Medien intensive Verleumdungskampagnen
gegen die Ordensschwestern, durch die versucht wird, ihren Einsatz
religiös und politisch als Agitation gegen die moslemischen Lokalpolitiker
zu verunglimpfen. Besonders die Schwester, die die Vorfälle dokumentiert
und die Dokumentation den Behörden übergeben hat, geriet
in die Schusslinie einer breit angelegten Hetzkampagne, indem ihr
neben psychischen Problemen auch unlauterer Lebenswandel angedichtet
wird. Von vielen Seiten wurde in der Folge der Einsatz der Schwestern
als unglaubwürdig dargestellt und bekämpft.
Erklärung
der Superiorenkonferenz
Laut
einer Erklärung der Superiorenkonferenz von Mosambik vom 29.
Februar 2004 reicht die Reaktion der Behörden von der totalen
Leugnung des Problems bis hin zu Ausflüchten, sie hätten
zwar Untersuchungen durchgeführt, aber keine Hinweise auf Gewaltverbrechen
finden kön-nen.
Die Superiorenkonferenz erklärt ausdrücklich ihre Solidarität
mit den Schwestern und mit allen, die sich im Kampf gegen diese Verbrechen
einsetzen. Sie fordert die Regierung von Mosambik des weiteren auf,
alles zu unternehmen, um jede Form von Verbrechen gegen die Kinder
und Jugendlichen zu unterbinden, besonders den sexuellen Missbrauch
durch Kinderprostitution und Pädophilie oder das Ausnützen
ihrer Armut seitens krimineller Banden, die die Kinder zu Diebstählen
oder zum Drogenhandel anleiten.
Fest
steht
Wie auch
von der Abteilung der human rights organisation in Nampula bestätigt
wird, wurden und werden weiterhin Kinder in großer Zahl entführt.
Ebenso wurden und werden weiterhin Kinder und Erwachsene getötet,
ihre Körper aufgeschnitten und Organe entnommen.
Nach Angaben der human rights organisation ist es aufgrund der mangelnden
medizinischen und technischen Infrastruktur in Nampula allerdings
unwahrscheinlich, dass die Morde vor Ort mit Organhandel in Verbindung
gebracht werden können. Vielmehr geht sie davon aus, dass die
Morde mit blutigen Hexen-Ritualen oder Kulten zu tun haben. Die Kindesentführungen
bringt sie v.a. mit Kinderprostitution und Pädophilie in Zusammenhang.
Auch bleibt der dringliche Verdacht bestehen, dass die älteren
der entführten Kinder im Ausland der Organhandelmafia zugeführt
werden.
Offen
bleibt die Frage nach den Hintergründen
Aufgrund
der mangelnden Aufklärungsarbeiten der Behörden kann zum
derzeitigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, welches nun wirklich
die Hintergründe der Entführungen und Morde sind. Es besteht
der Verdacht, dass auch die Ermordung einer brasilianischen Entwicklungshelferin
in Nampula Mitte Februar d.J. in Zusammenhang mit diesen Vorfällen
steht. Journalisten, die inzwischen aus ganz Europa nach Nampula gekommen
sind, um vor Ort zu recherchieren, berichten, dass sie mit einer Situation
konfrontiert werden, die einem wahren Krimi gleicht. Auf die Fragen
"Was geschieht mit den entführten Kindern?", "Warum
werden die Menschen getötet, ihre Körper aufgeschnitten
und Organen entnommen?" bekommen sie nur unzureichende Antworten
bzw. fadenscheinige Ausreden der Behörden.
Unterschriftenaktion
des Servitenordens
Das
Generalsekretariat des Servitenordens für Gerechtigkeit und Frieden
bittet Sie um Ihre
Unterschrift. Dadurch helfen Sie mit, Druck auf die
Regierung von Mosambik auszuüben, in dieser Angelegenheit endlich
tätig zu werden, die geschehenen Verbrechen aufzuklären
und den Schutz der Kinder und ihrer Familien zu garantieren.
Der Servitenorden wird die Unterschriften an die Regierung von Mosambik,
an die UNO, die EU, das italienische Parlament sowie an nationale
und internationale Menschenrechtsorganisationen weiterleiten.
Nampula/Rom/Wien,
im März 2004
Dieser
Bericht dient als Hintergrundinformation für die genannte Unterschriftenaktion.
Die
Unterschriftsliste liegt auf in der Servitenkirche, 1090 Wien, Servitengasse.
Text:
fr.
Martin M. Lintner OSM
Fotos: Gerhard Tuschla, Lorenzo Sani
Anschrift
des Generalsekretariats OSM für Gerechtigkeit und Frieden:
Segretariato Giustizia e Pace, Servi di Maria
Piazza San Marcello, 6
I - 00187 ROMA
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